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1. Antizionismus ohne Israel:

1a) gehalten von Daniel Späth am 12.12.2019 auf Einladung des „Referats gegen Antisemitismus“ in Freiburg

Dass der Antisemitismus auch ohne die Präsenz jüdischer Menschen seine irrationalen Kreise zieht, ist innerhalb der radikalen Linken eine weithin geteilte Einsicht; zumindest dort, wo der Judenhass überhaupt noch Gegenstand der kritischen Analyse ist. Dass aber auch der Antizionismus ohne die Existenz des Staates Israel sein Unwesen getrieben hat, diese Vorstellung mutet selbst jenen Fraktionen der radikalen Linken als abwegig an, die sich ihrem eigenen Selbstverständnis nach die Antizionismuskritik auf die Fahnen geschrieben haben. Mit der akademischen Erforschung des Antizionismus teilt die radikale Linke damit jedoch die fraglose Voraussetzung, dass der Hass gegen den Judenstaat eine direkte Konsequenz seiner Gründung sei, womit der fetischistische Überschuss der politischen Dimension des Judenhasses von Grund auf verfehlt wird. Diese Divergenz zwischen Antisemitismus- und Antizionismuskritik verweist auf eine grundlegende ideologiekritische Leerstelle, die allerdings gute bzw. sehr schlechte Gründe hat: Das ubiquitäre Urvertrauen der Linken gegenüber der bürgerlichen Aufklärungsvernunft und ihren Menschenrechten. Denn über alle inneren Spaltungen und inhaltlichen Grabenkämpfe hinweg kommt die radikale Linke doch darin überein, ihren Emanzipationshorizont gleichsam naturwüchsig am Erbe der bürgerlichen Aufklärung auszurichten. Wie doppelbödig der antisemitismuskritische Anspruch bei gleichzeitigem Rekurs auf die Aufklärungsvernunft in Wahrheit ist, lässt sich nicht zuletzt anhand der Philosophie Immanuel Kants aufweisen: Neben seinem notorischen Antisemitismus wartete Kant in seiner Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ bereits im 18. Jahrhundert – also lange bevor die Staatsgründung Israels auf der historischen Tagesordnung stand – mit einer dezidiert antizionistischen Ideologie auf.

Link: https://www.dropbox.com/s/lln6zynscweaudt/TASCAM_0227.mp3?dl=0

1b) gehalten von Daniel Späth am 23.11.2013 auf dem Jour Fix des Ca-Ira-Verlags in Freiburg

Es ist ein gängiger Topos der linken Antisemitismuskritik, daß der “sekundäre Antisemitismus” nach Auschwitz zu einer Verschiebung in der judenfeindlicher Agitation geführt habe, sodaß die “klassischen” Stereotype des Judenhasses nun randständig seien. Nicht der “Wucher-Jude” mit der langen Nase werde heute als Verkörperung der Weltverschwörung identifiziert, sondern Israel, wobei der Judenhaß in Form von Staatskritik ein scheinbar unverfängliches Objekt hat: Man wird ja wohl noch Staaten kritisieren dürfen… Aber so unverzichtbar daran die kritische Einsicht ist, daß Auschwitz ins kollektive Unbewußte sedimentierte und daher ein deutscher Schuldkomplex entstand, der die Wiederkehr des Verdrängten an neuen Symboliken zu bekämpfen sich anstrengt, so verkürzt muß eine Antizionismuskritik bleiben, die von der bloßen Verschiebung des Antisemitismus zum Antizionismus ausgeht, d.h. von einer bloß sekundären Wirksamkeit des israelfeindlichen Ressentiments. Denn damit wird die fetischistische Selbstständigkeit antisemitischer Ideologiebildung ausgeblendet, die sich unabhängig vom realen Verhalten von Juden artikuliert. Wie der Antisemitismus auch ohne Juden und Jüdinnen seinem Wahn frönt, so existieren schon lange vor der Staatsgründung Israels eindeutig antizionistische Motive. Vor allem der deutsche Idealismus in seiner durchweg affirmativen Installation bürgerlicher Vernunft generierte bereits Ende des 18. Jahrhundert das Phantasma einer dezidierten “Unmöglichkeit” jüdis cher Staatlichkeit, lange bevor dies auf der politischen Tagesordnung stand. Es verwundert nicht, daß die antideutsche Theoriebildung auf diesem Auge bis heute blind ist. Schließlich gilt ihr die bürgerliche Vernunft als letzter Restposten, als immanenter Rückzugsort gegenüber einem scheinbaren “Aufklärungsverrat”, wie er vor allem in der islamistischen Barbarei und im völkischen Antiimperialismus ausgemacht wird. Dabei übersieht die antideutsche Theorie, daß es die bürgerliche Vernunft selbst ist, die aus ihrer eigenen Widersprüchlichkeit heraus antisemitische und antizionistische Denkformen setzt und nicht etwa die Irrationalität einer wie auch immer gearteten “Gegenaufklärung”.

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2013/12/22/antizionismus-ohne-israel/

2. Der ‚doppelte Marx’ und der Status der Marxschen Entfremdungstheorie

gehalten von Daniel Späth auf dem Marx-Kongress in Trier vom 11. – 13.10.2017

Noch nicht lange ist es her, dass der warenästhetische Konsumismus der frühen Postmoderne eine ganze Generation in ihrem Selbstverständnis prägte. Dem unerbittlichen Optimierungsdrang des eigenen Lifestyles korrespondierte seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts das diskursive Spiel mit den Signifikanten, deren willkürliche „Verschiebung“ und „performative Dekonstruktion“ gewissermaßen die Beliebigkeit der Warenästhetik in die erkenntnistheoretische Denkform hineinverlängerte. Doch das Zeitalter der Oberflächlichkeit und der diskursiven Inszenierung ist schon wieder passé; die sich verschärfende Krise der späten Postmoderne treibt die Subjekte auch in den westlichen Zentren zu einer neuen Innerlichkeit, die dem Diskurs die „Gesinnung“ und der Inszenierung die „Authentizität“ kontrastiert. Auf dem Boden dieser ideologischen Metamorphose erlebt nun auch die Entfremdungstheorie einen neuerlichen Hype.

Insofern liegen einer Beschäftigung mit dieser neuen Innerlichkeit vor allem ideologiekritische Motive zugrunde: Bis in die linke Gesellschaftskritik hinein macht sich das verstärkte Bedürfnis nach einer „Eigentlichkeit“ breit und so erlebte auch der Marx der Entfremdungskritik eine gewisse Renaissance; wenngleich der Bezug auf die Marxsche Theorie dabei eher äußerlich daherkommt und sich einer epistemologischen und marx-immanenten Rekonstruktion verweigert.

So wird meistens davon abstrahiert, dass die Debatte um den Marxschen Entfremdungsbegriff keineswegs neu ist, sondern vielmehr eine eigene Geschichte hat: Mit der Veröffentlichung der „Ökonomisch-philosophischen Manuskripte“ im Jahr 1932 setzte nämlich eine Kontoverse um den jungen Marx ein, die sich zwischen der sowjetischen „Orthodoxie“ und dem „humanistischen Marxismus“ eines Erich Fromm und Ernst Bloch entzündete. Während die marxistische „Orthodoxie“ dabei den „wahren Marx“ noch in seinem Spätwerk ausfindig zu machen meinte, da erst hier der „historische Materialismus“ wirklich entwickelt worden sei, kaprizierte sich der „humanistische Marxismus“ hingegen auf dessen Frühwerk und die dort formulierte Entfremdungstheorie, welche Marx zeit seines Lebens als epistemologisches Fundament beibehalten habe. Im Grunde genommen stellt sich demnach die Kontroverse zwischen „humanistischen Marxismus“ und „orthodoxem Marxismus“ als eine zwischen Marxschen Früh- und Spätschriften heraus.

Der hier vertretene Ansatz der wert-abspaltungs-kritischen Theoriebildung bezieht sich gegenüber der marxistischen Tradition jedoch in einer gänzlich anderen Art und Weise auf den Marxschen Textkorpus. Um „mit Marx über Marx hinaus“ zu gehen, überdeckt kategoriale Kritik dessen werk-immanente Widersprüche nicht durch das identitätslogische Verharren auf einem „wahren Marx“, der sich einem isolierten Teil seiner Schriften zuschlagen lasse; sie versteht das gesamte Marxsche Werk als durchgehenden Widerspruch des fetischkritischen Marx mit seinen Versatzstücken bürgerlicher Erkenntnistheorie, als gewissermaßen zwei Stränge seines Werks also, die sich beständig ineinander verschlingen, aber zugleich eine permanente Reibungsfläche offenbaren. Aus dieser fetischkritischen Sicht ist die Marxsche Entfremdungstheorie dabei ein Restbestand seiner bürgerlichen Reflexion, die in ihren Verkürzungen durchaus aus dem Prozesscharakter seines theoretischen Schaffens erklären werden kann.

Die Entfremdungstheorie bildet in ihren erkenntnistheoretischen Implikationen demzufolge die Klammer des Vortrags und seiner zwei Teile: Der erste Abschnitt des Referats wird deshalb die Marxsche Entfremdungstheorie und ihren Status innerhalb der Debatte zwischen „orthodoxem“ und „humanistischen Marxismus“ darlegen, um auf dieser Basis die von beiden Strömungen ausgeblendeten fetischkritischen Fermente seines Werks herauszuschälen. Der kürzere zweite Teil wird diese rein text-immanente Interpretation auf die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung rückbeziehen, um die gewonnenen fetischkritischen Einsichten dafür fruchtbar zu machen, das realgesellschaftliche Ineinander von aktueller Krisentendenz in der späten Postmoderne und der Zunahme entfremdungstheoretischer Vorstellungen aufweisen zu können.

Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=Nsw9yHzYtgo

3. ‚Kritik durch Deutung’ – Wert-Abspaltungs-Kritik, Psychoanalyse und die Irrationalität des narzisstischen Zerfallssubjekts

gehalten von Daniel Späth auf dem „Exit“-Seminar 16.-18.20. 2015.

Fünfundzwanzig Jahre ist es mittlerweile her, dass die radikale Krisentheorie mit dem „Kollaps der Modernisierung“ (Robert Kurz) sich innerhalb der linken Publizistik und ihrer Reaktionen auf den Zusammenbruch der Sowjetunion positionierte. Dass der ökonomische Ruin des Staatssozialismus der Vorschein einer tiefer liegenden Krise des gesamten Weltkapitals sein könne, diese These stand quer zur krisentheoretischen Abrüstung des Linksradikalismus. Verblasste, bedingt durch die postmoderne Wende, auch bei den orthodox-marxistischen Teilen jedweder Bezug auf akkumulationstheoretische Begründungen, um die objektivierte Fetischkonstitution in bloße politische Kräfteverhältnisse und Wechsellagen aufzulösen, musste die Reformulierung der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie auf der Höhe der Zeit von Anfang an verdächtig erscheinen.

Wurde die radikale Krisentheorie zunächst auch und gerade von linksradikaler Seite totgeschwiegen, konnte sie doch über ihren krisentheoretischen Kern hinaus Einfluss in der Linken gewinnen, sodass die Ignoranz von der Denunziation abgelöst wurde: Kapitalismus und objektive „innere Schranke“ (Marx)? Ihr habt sie doch nicht mehr alle! Zu allem Unglück erfasste die objektive „innere Schranke“ des Weltkapitals spätestens seit 2008 in vollem Umfang, sodass selbst die in konkretistischer Manier immerzu angeführte Empirie nur noch schwer gegen die radikale Krisentheorie ins Feld geführt werden kann. Seitdem sind Ignoranz und Denunziation gegen die radikale Krisentheorie von ihrer eklektizistischen Aneignung abgelöst werden, wodurch Versatzstücke der radikalen Krisentheorie in dem zur Szene verkommenen Linksradikalismus herumgeistern, ohne dass auch nur einer kategorialen Krise des Kapitals oder die daraus erwachsenden Implikationen in Bezug auf die Verwahrlosung des postmodernen Zerfallssubjekts in irgendeiner Form ernsthaft in Betracht gezogen würden.

Die aus Sicht der Wert-Abspaltungs-Kritik paradoxe Gegenläufigkeit, dass einerseits die Theorie einer fundamentalen Krise des Kapitals durch die europäische Krisenverwaltung ungemein an Brisanz gewinnt, andererseits die Linke aber noch nie so weit wie heute davon entfernt war, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihr auch nur im Ansatz zu versuchen, drängt geradezu zu einer psychoanalytischen Kritik dieser grunsätzlichen Krisenaversion. Der postmoderne Eklektizismus, dem sich auch die Linke leidenschaftlich verschrieben hat, wirft sich auf jede noch so konträre Auffassung, um ihr durch Einverleibung den Stachel der Kritik zu ziehen. Diese irrationale Aversion gegen die Krisentheorie, die wie kein anderer Affekt für die gedankliche Selbstauslieferung des Linksradikalismus an die fetischistischen Systemgesetzte steht, bedarf einer kritischen Aufarbeitung; und das umso mehr, da der Versuch des Unschädlich-Machens radikaler Krisentheorie nur der zugespitzte Ausdruck einer Erosion des Linksradikalismus ist, die wesentlich auch sozialpsychologisch konstituiert ist.

Allerdings ist diese psychosoziale Irrationalität des narzisstischen Sozialcharakters der Postmoderne nicht mehr mit den Kriterien der Marxschen „Kritik durch Darstellung“ zu fassen. Mit dem Aufbrechen der objektivistischen Wertkritik und der Entstehung der Wert-Abspaltungs-Kritik konnte auch die psychoanalytische Ebene für die Kritik des postmodernen Zerfallssubjekts fruchtbar gemacht werden. Da die Psychoanalyse als eigener theoretischer Gegenstand einer wert-abspaltungs-kritischen Ausarbeitung bis heute harrt, muss sich die – in sich widersprüchliche – Integration der psychoanalytischen Ebene in die Wert-Abspaltungs-Kritik am inhaltlichen Begründungsanspruch messen lassen. In diesem Sinne wird der Vortrag versuchen, eine wert-abspaltungs-kritische „Kritik durch Deutung“ von der Marxschen „Kritik durch Darstellung“ abzugrenzen, um insbesondere in Bezug auf die Freudsche Theorie darzulegen, wie ihr als Konstitutionstheorie der psychischen Form sowohl kritische, als auch affirmative Momente eignen. Ein zweiter Teil wird auf dieser Basis die psychodynamischen Implikationen des narzisstischen Sozialcharakters ausleuchten, um so letztlich auch auf die sozialpsychologischen Schranken aufmerksam zu machen, die sich der radikalen Krisentheorie gegenüber auftun.

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2015/12/20/exitseminar-2015/

Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=DT5PGY4rKRk

4. Eine emanzipatorische Kritik der Aufklärung

gehalten von Daniel Späth im „Ökumenischen Netz Rhein Mosel Saar“ am 29.11.2014

Auf Einladung des Ökumenischen Netzes Rhein Mosel Saar hielt Daniel Späth (EXIT!) kürzlich in Koblenz einen Vortrag zur Kritik der Aufklärungsphilosophie am Beispiel Kants. Späth stellt Kant in den Kontext der bürgerlich-kapitalistischen Entwicklung des 18. Jahrhunderts und versucht nachzuweisen, dass Antisemitismus, Antiziganismus und Sexismus dessen Philosophie nicht äußerlich sind. Ausführlicher ist diese Kritik in einer Artikelserie in der EXIT! Nr. 8 bis 10 nachzulesen und bzgl. des Antisemitismus.

Link: : http://audioarchiv.blogsport.de/2014/12/04/eine-emanzipatorische-kritik-der-aufklaerung/

5. ‚Postwachstumsbewegung’: Eine Variante (links)liberaler Krisenverdrängung

5a) gehalten von Daniel Späth auf dem Exit-Seminar vom 26.-29.10.2013

Es ist ein Wesensmerkmal des linken ideologiekritischen Reduktionismus, sich in den vielfältigen Polaritäten moderner Subjektivität einzurichten und damit Freiheit im Sinne Adornos, als kritische Verweigerung gegenüber den herrschenden Alternativen, der Partikularität zu überantworten. Ob nun der Idealismus zu einem Materialismus (Hegel vom Kopf auf die Füße gestellt) oder aber der Subjektivismus zu einem Objektivismus („Historischer Materialismus“) gewendet wird, das Resultat ist immer dasselbe: Als kritische Weiterentwicklung der bürgerlichen Vernunft apostrophiert, desavouiert sich der identitätslogische Anbau an der modernen Theoriearchitektur nicht etwa als transzendierende Kritik, sondern regelmäßig als ein immanenter Widerpart. Dieser Reduktionismus blamiert sich insbesondere in der Krise des warenproduzierenden Patriarchats. Der westliche Linksradikalismus, der statt der Fundamentalkrise überall „Chancen“ und „Aushandlungsoptionen“ wittert, hat die realgeschichtlichen Metamorphosen der Aufklärungsvernunft nicht überwunden, welche vielmehr zum unhinterfragbaren Selbstverständnis sedimentierte. Der weithin neoliberalisierten Linken scheinen sich quasi naturwüchsig neue Alternativen zu eröffnen: „Aufklärung“ versus „Gegenaufklärung“, „Vernunft“ versus „Unvernunft“, „Liberalismus“ versus „Volkstum“ etc., wobei, der identitätslogischen Versessenheit folgend, erstere gerne dem „rationalen Westen“ und letztere irgendwelchen „irrationalen Banden“ zugeordnet werden, wodurch der eigene männlich-westliche, weiße Standpunkt wieder mal fein raus ist.

Einer derart verkürzten „Ideologiekritik“ muss die „Postwachstumsbewegung“ als Wiederkehr eines ausgemacht völkischen Denkens gelten. Schließlich operieren ihre VertreterInnen nicht nur mit einem positiven Naturbegriff, darüber hinaus verweisen die diversen Begründungsmodi eines „falschen Wachstums“ auf eine strukturell antisemitische Ideologie, deren Ursachendiagnostik bezüglich der Krise sich ausschließlich auf das dämonisierte Finanzkapital und den inkriminierten Zins kapriziert. Für die assoziative Grundgesinnung des postmodernisierten Linksradikalismus bedürfte es hierbei keinerlei dialektischer Begründung mehr, zumindest dort, wo derartige Sachverhalte noch einem Anspruch der Kritik unterliegen: Naturversessenheit und struktureller Antisemitismus – na, wenn das kein völkisches Denken ist… Allerdings handelt es sich hierbei um einen Trugschluss. Denn dass struktureller Antisemitismus und ein problematischer Naturbegriff gleichwohl zu Bestandteilen liberaler Gesinnung gerinnen können, soll an ausgewählten Texten jener „Postwachstumsbewegung“ rekonstruiert werden. In diesem Sinne wird der erste Teil des Vortrags einen erkenntnis- und ideologiekritischen Durchgang durch zentrale Referenztheorien der Postwachstumsideologie (Immanuel Kant/ Silvio Gesell) versuchen, um den gemeinsamen epistemologischen Bezugsrahmen einer liberalen Zins- bzw. Geld„kritik“ offenzulegen, um sodann ihre zentrale Kategorie in den Fokus zu rücken: Die Natur. Auch weitere wichtige Aspekte der Postwachstumsbewegung (Regionalwährung, quasi subsistenzwirtschaftliche Arbeitsformen, neue Maßstäbe des Wachstums etc.) werden dabei einer Kritik unterzogen und in den Kontext der Fundamentalkrise gerückt, deren konstitutiver Bedingungszusammenhang für jene liberale „Kritik“ des Wachstums evident ist.

5b) „Postwachstumsideologie und Zinskritik. Kritik einer liberalen Variante ‘linker’ Krisenverdrängung“

gehalten von Daniel Späth am 04.12.2012 auf Einladung des AK „Kritische Intervention“ Halle/Leipzig

Auf „Heldentagen“ in Halle wollten diverse Initiativen und Gruppen jüngst „die Krise wuppen [!]“ – für gesellschaftliche Übel machten sie moralisierend „Gewinnstreben, Wachstums- zwang und Rationalisierung“ aufgrund falscher, korrigierbarer Bedürfnisse verantwortlich. Ihre „Alternativen“ drehten sich vor allem um das Schlagwort Postwachstum. Doch zu kritisieren ist nicht nur die Naivität, mit der sie die kapitalistischen Verhältnisse betrachten und „kritisieren“. Vielmehr handelt es sich in weiten Teilen der gefeierten Postwachstums-Bewegung um ordoliberale VertreterInnen eines knallharten Konkurrenzkapitalismus, in dem sich die leistungsfähigsten Individuen in

sozial-darwinistischer Manier zu behaupten hätten. Das Besondere dieser NeosozialdarwinistInnen ist jedoch die tragende Rolle der Zinskritik, die sie vom ominösen Kleinbürger Silvio Gesell übernehmen.

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2013/01/23/kapitalistische-krisenzeiten/

6. Einführung in die Wert-Abspaltungs-Kritik. Die Marxsche Wertkritik und ihre negativ dialektische Darstellung

gehalten von Daniel Späth am 27.11.2013 in Berlin

Gemeinhin existiert die linke Rezeption der Marxschen Wertkritik als analytische Anstrengung, um jenen fundamentalen Kategorien, die das Kapital ausmachen, habhaft zu werden: Warenform, Geldform, Wertform. Schließlich komme es, so der geläufige Tenor, hauptsächlich darauf an, diese abstrakten Kategorien in ihrer begrifflichen Bestimmung zu fixieren, um sich von hier aus der Gesamtkategorie des „automatischen Subjekts“ (Marx) anzunähern. Paradigmatisch für eine derart terminologisch reduzierte Marx-Rezeption steht insbesondere die Neue Marx-Lektüre und in ihr wiederum Michael Heinrich, dessen Einführungsband ins Marxsche „Kapital“ eher einer Ausführung aus ihm gleichkommt.

Was allerdings bei einer bloß begrifflich nachzeichnenden Marx-Interpretation verlustig gehen muss, ist der genuin historische Charakter der kategorialen Kapitalformen. Keineswegs kam nämlich der Wert eines Tages auf die Welt, woraufhin sich die geschichtliche Entwicklung lediglich akzidentell an seinem inneren Kern vollzogen habe. Im Gegenteil erfuhren die Kategorien des Kapitals mit der Entfaltung seines Fetischs ihrerseits mannigfache Metamorphosen, sodass es einer dialektischen Darstellung bedarf, ohne deren kritische Historisierung begriffliche und realgeschichtliche Bestimmung zwangsläufig auseinanderfallen.

Dementsprechend wird der Vortrag versuchen die geschichtlichen Wandlungen des Kapitalfetischs darzulegen samt ihren verkürzten linken Auffassungen. Beginnend mit dem protokapitalistischen Absolutismus des 15. und 16. Jahrhunderts über die erste Ausentwicklung der Kapitalformen im 18. Jahrhundert, die alsbald auf ihren eigenen Grundlagen prozessieren sollten (19. Jahrhundert), bis hin zum Staatskapitalismus Anfang des 20. Jahrhunderts wird versucht werden, den Grundstein für ein Verständnis von Akkumulation zu gewinnen, das sich auf der Höhe der heutigen Fundamentalkrise des Kapitals behaupten kann. Dabei wird auch auf die geschlechtliche „Abspaltung“ (Roswitha Scholz) einzugehen sein, die als stumme Voraussetzung erst die Mühlen der Akkumulation ermöglichte.

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2013/12/04/der-wert-als-oekonomisches-und-politisches-verhaeltnis/

Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=LX5NHQ5Mi1Q

7. Einführung in die Wert-Abspaltungs-Kritik:

Gehalten von Daniel Späth in Darmstadt 2012

Auf Einladung interessierter Studierender der TU Darmstadt versuchte sich Daniel Späth (Redaktion »EXIT!«) an einer Einführung in die Wert- bzw. Wert-Abspaltungs-Kritik. Beginnend mit einer an Kant ansetzenden Kritik der Aufklärung, setzt er sich mit dem bürgerlichen und dem kritischen Marx sowie der Arbeiterbewegung auseinander, nimmt Bezug auf Foucaults Ordnung der Dinge und formuliert eine Kritik der Spaltung der deutschen Linken in »Antiimps« und »Antideutsche«. Abschließend geht er auf das geschlechtliche Abspaltungsverhältniss ein.

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2012/08/06/einfuehrung-in-die-wert-abspaltungs-kritik/

8. Vertonter Nachruf auf Robert Kurz:

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2012/07/28/robert-kurz-zum-gedaechtnis/

9. Antiimperialismus und Ideologie

gehalten von Daniel Späth in Tübingen am 18.07.2011 im Rahmen des „AK Linke Irrwege“

Spätestens seit dem 11. September ereilte die deutsche Linke geradezu schicksalhaft eine Spaltung in zwei Lager: Während antiimperialistische Gruppierungen eine anti-westliche Rhetorik mit der Solidarisierung diverser nationaler „Befreiungsbewegungen“ verbinden und auf diese Weise zu den bizarresten Gruppierungen einen affirmativen Bezug aufzubauen sich bemüßigt fühlen – genannt sei hier als Spitze des Eisbergs die Hamas als das neue „revolutionäre Subjekt“ vieler Antiimperialisten –, hat das antideutsche Bewusstsein im Zuge der Krise des westlichen Kapitalismus die militante Apologetik des männlich-weißen westlichen Subjekts wiederentdeckt, wofür nicht zuletzt die Redaktion der Bahamas ein trauriges Zeugnis liefert.
Trotz aller Fehden und Befeindungen zwischen den beiden Lagern können man und frau nicht umhin festzustellen, dass diese scheinbar entgegengesetzten Pole der linken Auseinandersetzungen mit einem identischen Bezugssystem operieren und beide Strömungen gleichermaßen den globalen Imperialismus nicht kritisch auf den Begriff bringen können: Nämlich seine Zerfallserscheinungen als ebenso reflexhafte wie erfolglose Reaktion der westlichen Mächte auf die Krise des globalen Kapitalismus und die seinem Boden entsprungenen Barbarisierungsregimes. Um eine radikale Kritik des globalen Kapitalismus auf der Höhe der Zeit zu formulieren, wird der Vortrag im ersten Teil einen historischen Durchgang durch den Kolonialismus und seiner Legitimation (Kant), die Haltung der westlichen Arbeiterbewegung (Lassalle) sowie des Staatskapitalismus (Lenin) zum Imperialismus versuchen, wobei sich herauskristallisieren wird, dass weder der sozialdemokratische „Reformismus“ noch die „orthodoxen Marxisten“ des Ostens an die Tiefendimension der Marxschen Fetischkritik auch nur ansatzweise herankamen (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel).
Vor dem Hintergund der durch die kritischen Analysen des Kantischen, Lassalleschen und Leninschen Verständnisses von Kapitalismus gewonnenen Einsichten wird der zweite Teil des Vortrags den globalen Imperialismus und seine „Weltordnungskriege“ (Robert Kurz) als ebenso destruktive wie unbegriffene Reaktionsformen der westlichen Welt auf die Krise des Kapitals explizieren und im Zuge dieser Erörterungen sich kritisch sowohl mit antiimperialistischen wie auch antideutschen Positionen zu dieser Frage auseinandersetzen.

Link: http://audioarchiv.blogsport.de/2011/12/13/zur-kritik-des-antiimperialismus/

Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=uRjP0LJSkBc