„Die Aussichtslosigkeit der Alternativen, wie sie aus dem modernen warenproduzierenden System noch hervorgehen, legt mit immer größerem Nachdruck die Kritik des kategorialen Zusammenhangs selbst nahe, in dessen Grenzen sich alles bisherige Denken und Handeln der Moderne bewegt hat. Man kann sich winden und wenden, wie man will: Die Moderne, das heißt die Realmetaphysik der Wertform oder das Fetischverhältnis des Kapitals, kann auf keine Weise „neu erfunden“, sondern nur noch überwunden werden. Es bedarf einer emanzipatorischen Antimoderne, die nur aus einer Transformation der linken Gesellschaftskritik hervorgehen kann.“[1]
Daniel Späth
Die fetischistische Eigenständigkeit antizionistischer Ideologiebildung
von Daniel Späthvon Daniel SpäthDass der antisemitische Wahn auch ohne Juden und Jüdinnen existieren kann, ist eine altbekannte Tatsache; dass der antizionistische Wahn seine Kreise ebenso ohne den Staat Israel ziehen kann, hingegen nicht. Die tradierte Vorstellung eines sekundären Antisemitismus, wie sie die radikale Linke teilt, dessen Hass sich nach Auschwitz vom konkreten Objekt – den Juden und Jüdinnen – auf den Staat Israel verschoben habe, exponiert ein verkürztes Verständnis desselben, fungiert der Antizionismus in ihm schließlich, mal mehr, mal weniger, als abgeleitete Form eines primär ökonomisch zu begründenden Antisemitismus. Die Kehrseite einer solchen Argumentation ist dabei nicht selten die Auffassung, dass die antizionistische Ideologie mit dem realgeschichtlichen Ereignis der Staatsgründung Israels agglutiniert sei, dieses also die conditio sine qua non für jene darstelle. Der eigene Ausgangspunkt solcher Analysen eines sekundären Antisemitismus, der Staat Israel erfahre in der globalen Wahrnehmung eine ideologische Überdetermination, vermag auf dieser Ebene nicht kritisch eingeholt zu werden. Genau dies tut aber Not, gilt es doch dem grassierenden globalen Antizionismus mit einer theoretisch geschärften Kritik entgegenzutreten.